Wallfahrtskirche

Impressionen

Die Wallfahrtskirche „Zur Schönen Maria“ auf dem Hohenrechberg

Die Wallfahrtskirche „Zur schönen Maria“ liegt auf dem Gipfelplateau des Hohenrechbergs in landschaftlich herausragender Lage. Die frühbarocke Kirche, erbaut in den Jahren 1686 bis 1689, ist nicht nur der geistliche Mittelpunkt der Seelsorgeeinheit „Unterm Hohenrechberg“, sondern auch kunstgeschichtlich bedeutend. Sie ist jedes Jahr das Ziel Tausender von Pilgern und Wanderern.

Da der Hohenrechberg zu den Besitzungen des Grafen von Rechberg gehört, ist die Geschichte der Wallfahrt eng mit dem gräflichen Haus verbunden und der Bau der Wallfahrtskirche wäre ohne die Grafen von Rechberg in dieser Form nicht möglich gewesen.

Seit Ende des 11. Jahrhunderts ist der Hohenrechberg ein Gnadenort. Damals – so wird es überliefert – brachte ein Einsiedler ein schönes, aus Lindenholz geschnitztes Marienbild auf den Rechberg. Er erbaute für dieses Marienbild eine hölzerne Kapelle und für sich eine schlichte Klause.

Schon damals kamen kranke und hilfsbedürftige Menschen auf den Berg, um die Gottesmutter um Hilfe zu bitten. Um das Jahr 1488 ließ Graf Ulrich II. von Rechberg eine steinerne Kirche erbauen. Durch die Zunahme der Wallfahrt erwies sich diese Kirche aber bald als zu klein, sodass Graf Bernhard Bero von Rechberg den Bau der jetzigen Barockkirche, deren Hochaltar auf dem Platz der ehemaligen hölzernen Kapelle steht, durch den Baumeister Valerian Brenner (1652 – 1714) aus dem Bregenzer Wald veranlasste.

Der Bau der Wallfahrtskirche wurde von Valerian Brenner in Form eines lateinischen Kreuzes ausgeführt mit 27 Metern Länge und 12 Metern Breite bei den Kreuzarmen. Die Kirche gliedert sich im Innern in drei Joche: Das erste Joch umfasst den Chor mit einem 3/8-Abschluss, das zweite Joch ist um die Kreuzarme erweitert, das dritte Joch, in das die Emporen eingebaut sind, bildet zusammen mit dem zweiten das Langhaus der Kirche. Die Joche sind durch breite, mit stilisierten Rosen besetzte Gurtbögen von einander getrennt.  

Für die Gestaltung des Inneren der Kirche beauftragte Franz Albert von Rechberg, der Sohn Bernhard Beros, der im Juli 1686 wenige Wochen nach der Grundsteinlegung der Kirche gestorben war, den Stuckateur und Bildhauer Prospero Brenno (1638 – 1696) aus Salorino im Tessin. Seiner Arbeit ist es zu verdanken, dass die Rechberger Wallfahrtskirche in der weiteren Umgebung die älteste barocke Kirchenausstattung besitzt, die einzige, vollständig vom italienischen Barock geprägte Kirche ist und das älteste Theatrum Sacrum, eine besondere Form der barocken Altargestaltung, vorweisen kann. Der Grund liegt darin, dass Prospero Brenno zuvor an der Theatinerkirche und der Residenz in München mitgearbeitet hatte, wo sich gerade die neue Kunst des Barock etablierte, die mit den Künstlern aus Italien nach Bayern kam. Durch die Verbindung der Familie Rechberg zum Münchner Hof konnte Prospero Brenno als Künstler für die Wallfahrtskirche auf dem Rechberg gewonnen werden. Somit fand ein Kunsttransfer statt, der den italienischen Barock von München auf den Hohenrechberg brachte.

Prospero Brenno gestaltete die gesamte Innenausstattung der Wallfahrtskirche: den Hochaltar und die Seitenaltäre, die Decke, den Chorraum, die Grafenloge und auch die Madonna an der östlichen Außenseite der Wallfahrtskirche. Da er wenig Vorgaben zu berücksichtigen hatte, stellt die Wallfahrtskirche die einzige umfassend konzipierte und realisierte Sakralraumgestaltung von seiner Hand dar und ist damit sein Hauptwerk. Er greift dabei auf Elemente des italienischen Barock zurück, die er auf früheren Baustellen kennengelernt hatte: die stilisierten Rosen auf den Gurtbögen, die mediterranen Früchte und die Fruchtgirlanden, das Gebälk. Der Hochaltar sowie die beiden Seitenaltäre sind nach römischen Vorbildern gestaltet: Typisch beim Hochaltar ist die Nische, in der sich das Gnadenbild befindet; ebenso die Übereckstellung der Säulenstümpfe links und rechts, auf denen sogenannte Engelskaryatiden in militärischem Gewand die Kapitelle und das aufliegende Gebälk tragen. Bei den Seitenaltären sind jeweils die beiden lebensgroßen Engelsfiguren typisch, die hier die Funktion als Vermittler von Glaubensinhalten haben, indem sie jeweils das Gemälde des Seitenaltars präsentieren.

Beim Betreten der Kirche fällt der Blick gleich auf das Gnadenbild in der beleuchteten Nische des Hochaltars, das 1699 erstmals „Schöne Maria“ genannt wird. Es stammt aus der Zeit zwischen 1380 und 1450 und ist ca. 77 cm hoch. Der Künstler, der es geschaffen hat, ist nicht bekannt. Das Gnadenbild ist eingebettet in den Hochaltar, der mit dem darüber liegenden Theatrum Sacrum und den an der Decke über dieser Szene schwebenden Engeln eine Gesamtkonzeption bildet.

Die mittlere Ebene dieser Gesamtkonzeption bildet das Theatrum Sacrum, das heilige Theater. Wie sich bei einem Theater der Vorhang öffnet, so ziehen hier vier Putti den roten Vorhang auf und geben damit Einblick in die Herrlichkeit des Himmels mit Gottvater und dem Heiligen Geist. Vor dem geöffneten Himmel musizieren auf dem vorgerückten Hochaltar sitzende Engel. Diese himmlische Musik bildet das Bindeglied zum Hochaltar, der ersten Ebene, wo zentral Maria den Erlöser der Welt präsentiert. Die dritte und oberste Ebene des göttlichen Schauspiels bilden die Engel an der Decke, die auf den geöffneten Himmel blicken. Die Schar der Engel setzt sich dann über die gesamte Kirchendecke hinweg fort.

Die Einheit von Hochaltar, geöffnetem Himmel und darüber schwebenden Engeln will den Menschen die Herrlichkeit des Himmels plastisch vor Augen führen, die sie sich als gläubige Menschen erhoffen dürfen. Schon vor über 300 Jahren war für die Menschen, die damals aus engen Behausungen und täglichem Überlebenskampf in einen weiten, lichtdurchfluteten weißen Kirchenraum kamen, der geöffnete Himmel eine Offenbarung. Barockkirchen boten für diese Menschen den Vorgeschmack des Himmels auf Erden. Das möchte die Rechberger Wallfahrtskirche mit ihrer Fülle an Engeln auch heute sein.

360° Panorama vom Kirchturm der Rechberger Kirche